Geschichte
Vom Franziskanerkloster über das Collegium Illustre bis zum Wilhelmsstift
An der Stelle im Ammertal, an der sich heute das Wilhelmsstift erhebt, befand sich ein 1272 gegründetes Franziskanerkloster, in dem sich auch im 15. Jahrhundert das Generalstudium des Ordens befand. Daran erinnert heute die Franziskusfigur im Innenhof des Wilhelmsstifts.
Bald nach der Aufhebung des Franziskanerklosters in der Reformationszeit ist es 1540 teilweise abgebrannt. Seit 1559 war in den verbliebenen Gebäuden ein „Collegium“ eingerichtet worden, das junge Adlige auf den Staatsdienst vorbereiten sollte. Es gab eigene, von der Universität unabhängige Vorlesungen, aber auch Unterricht in Tanzen, Reiten, Fechten und Ballspielen. 1588-1592 wurde dann die heute noch bestehende Vierflügelanlage im Renaissancestil errichtet.
Im Jahre 1817 wurde in Tübingen die katholisch-theologische Fakultät gegründet, die fortan neben der evangelisch-theologischen bestehen sollte. Um die in der Säkularisation neu zu Württemberg gekommenen katholischen Gebiete etwa des Oberlandes mit Seelsorgern zu versorgen, ließ König Wilhelm I. von Württemberg im selben Jahr in den Räumen des alten „Collegium Illustre“ ein Hochschulkonvikt einrichten, das die zukünftigen katholischen Priester während ihres Studiums begleiten sollte und das bis heute seinen Namen trägt. Seit dieser Zeit bildet die Diözese Rottenburg-Stuttgart ihren Nachwuchs an Priestern im Wilhelmsstift aus.
Ein berühmter Stiftler war der 1987 seliggesprochene Jesuitenpater Rupert Mayer, der vor seinem Eintritt in den Orden im Jahre 1900 in Tübingen sein Studium der Theologie absolviert hat.
Er war als Volksmissionar tätig und für seine Predigten bekannt. Eben diese Predigten brachten ihm auch in der Zeit des Nationalsozialismus mehrmals Verhaftungen, die Deportation in ein Konzentrationslager und schließlich die Internierung im Kloster Ettal ein.
1945 konnte er nach München zurückkehren, wo er im gleichen Jahr starb.